Spirit L16 -> S-58, Planung und Mechanik

[Helix]

Hallo,

die ersten Überlegungen zu meinem Projekt, dass ich euch vorstellen möchte, gehen bis in das Jahr 2009 zurück. Damals hatte ich ausschließlich Trainerhelis und erste zaghafte Scale-Erfahrung gemacht mit dem Aufbau einer Bell UH-1D aus einem Causemann-Rumpf und einer SJM-Sparrow-Mechanik. Nun sind diese PET-Rümpfe aus Tiefziehfolie nicht unbedingt das, was zu Begeisterungsstürmen führt. Daher war es eigentlich klar, dass der nächste Rumpf ein GFK-Rumpf sein muss. Es wäre sicher einfach gewesen, einen Rumpf und die dazu passende Mechanik zu kaufen, beides zusammenzubauen und entsprechend auszustatten. Das kann ja auch schon ein ordentliches Geschäft werden.

Ich glaube, es war auf der Faszination Modellbau in Sinsheim 2009, als ich das erste Mal mit dem Objekt meines Verlangens konfrontiert wurde. Auf der Messe präsentierte u.a. Heli-Günter eine Sikorsky S-58 für eine Piccolo-Mechanik. Die war mir aber ehrlich gesagt zu klein. S-58 war schon mal gut, aber bitte größer. Es gab wohl damals schon S-58-Rümpfe, aber nur für Vario-Mechaniken mit 1,8m Rotordurchmesser. Aber das war wiederum zu groß.

Die nächste Überlegung galt der Mechanik. Da war doch noch eine Spirit-L16-Mechanik vorhanden?

Zu beiden Hubis habe ich eine "historische Beziehung". Die S-58 habe ich als Knirps öfters im Einsatz bei Manövern in meinem Heimatort bewundern dürfen. Mit dem L16 habe ich eigentlich erst das Helifliegen gelernt, da er so schön groß und träge ist. Glücklicherweise lassen sich S-58 und L16 hervorragend miteinander verbinden, da die L16-Mechanik wie gemacht ist für den nicht ganz ungewöhnlichen Rumpf der S-58. Mit normalen heutigen Mechanikbauarten wie Rex und Co. ist man da ziemlich aufgeschmissen. Die Mechaniken sind meist zu hoch, haben zu große Hauptzahnräder und der Heckabtrieb bzw. die Lage des Heckrohres passt nicht. Die S-58 bedingt aber eine schmale Mechanik und einen tiefliegenden Heckabtrieb. Beides ist bei der L16-Mechanik gewährleistet.
Erste Fotomontagen bestätigten dann auch, dass eine L16-Mechanik gut zu einer S-58 passen müsste. Damit war klar – es wird eine S-58 und die bekommt eine L16-Mechanik. Aber wenn, dann bitte realitätsnah. Da die S-58 ein Linksdreher mit 4-Blatt-Hauptrotor ist und ein hochgelegtes Heck mit ebenfalls 4-fach-Rotor hat, war das natürlich die Vorgabe für die Mechanik. Es galt somit, die L16-Mechanik auf Linksdreher umzubauen, einen 4-fach-Hauptrotorkopf, ein Umlenkgetriebe und ein 4-fach-Heckrotor zu entwickeln.

Doch vorher musste Material und alles an Infos gesammelt werden, was man so bekommen konnte. Die einzige in Europa noch flugfähige S-58 steht bei der Firma Meravo in Oedheim. Früher noch in Meravo-Originalfarbe wurde diese Maschine im Zuge der Verfilmung „Die Sturmflut“ in BW-Oliv umlackiert und mit Heeres-Schriftzug versehen. Bei dieser S-58 handelt es sich um die S-58C in „Diplomatenausführung“ mit zusätzlichen Fenstern und zwei Einstiegstüren anstatt der großen Schiebetür. Weitere Maschinen stehen in diversen Museen. Eine Heeresausführung findet sich im Hubschraubermuseum in Bückeburg, eine andere S-58 hängt im Technikmuseum in Sinsheim an der Decke und eine S-58 als SAR-Ausführung steht in der Flugwerft des Deutschen Museums in Schleissheim. Die Maschinen in Bückeburg und Schleissheim mussten als Fotomodell herhalten. So bekam ich viele Detailfotos, die den Nachbau erst möglich machten. Im Internet fand ich dann noch einen originalen Bauplan (Inboard-Profile) und auch einen Spantenriss.

Um meinen nun folgenden Bericht nicht zu überfrachten, habe ich mich entschlossen, drei Beiträge zu erstellen.

Beitrag 1 - Planung und Mechanik
Beitrag 2 - Urmodell und Formenbau
Beitrag 3 - Hochzeit von Mechanik und Rumpf

Gruß Dieter

[Helix]

Nun geht es zunächst los mit der Mechanik.

Um aus einer L16-Mechanik einen Linksdreher zu machen, muss man eigentlich nur die Freilaufhülse umdrehen. Das geht recht einfach wenn man weiß wie. Bei den Rotorblättern wird es schwieriger. Diverse Hersteller von Rotorblättern (Helitec, Spinblades u.a) bieten zwar Mehrfachblattsätze an, aber nur für Rechtsdreher. Da ich aber nicht Jahre warten wollte, bis es diese auch mal als Linksdreher gibt, mussten die Standardblätter herhalten. Die vertragen sich aber nicht mit einem starren Kopf. Also galt es einen Mehrfachkopf mit integrierter Dämpfung zu entwickeln. Ferner zu entwickeln waren der 4-fach-Heckrotor und natürlich das Umlenkgetriebe um das Heck scalemäßig hochlegen zu können. Mit CAD-Unterstützung ist das heutzutage kein Problem mehr. Die Fertigung der Teile sollte auf meinen bereits vorhandenen Maschinchen (Drehen und Fräsen) erfolgen.

Zunächst die CAD-Konstruktion des Rotorkopfes und die Fertigung des Zentralstücks sowie der Innereien.

Von dem Zentralstück habe ich zwei Ausführungen gefertigt. Zunächst die mit integriertem Schlag-/ Schwenkgelenk und einstellbarer Dämpfung sowie ein Zentralstück in starrer/ ungedämpfter Ausführung. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es irgendwann mal Scaleblätter in Linksausführung für starre Köpfe geben wird.

Gruß Dieter

[Helix]

Natürlich benötigt der Kopf noch einen netten "Deckel".

Dann geht es zur Heckhöherlegung bzw. zum Umlenkgetriebe. Der L16 verfügt über einen Starrantrieb. Insofern kann man mit einer entsprechenden Gestaltung des Umlenkgetriebes jeden gewünschten Umlenkwinkel realisieren. Dazu benötigt man drei Kegelräder und die entsprechenden Lagerungen der Getriebewellen. Die üblicherweise beim L16 für die Befestigung der Heckfinne verwendeten Halbschalen eignen sich hervorragend als Anschlußteile für die CFK-Seitenplatten. In diesen Seitenplatten habe ich dann gleich noch den Umlenkhebel für die Heckansteuerung integriert.

Anbei zunächst die CAD-Konstruktion und dann die Bilder der gefertigten Ausführung.

Gruß Dieter

[Helix]

Es geht weiter mit dem Heckgetriebe bzw. dem 4-fach-Heck mit Ansteuerung.

Das Heckgetriebe des L16 besteht wie beim Starrantrieb üblich aus einem Kegelradgetriebe. Dieses ist allerdings nicht frei laufend, sondern in einem geschlossenen Getriebgehäuse eingebaut. Die Kegelräder sind gehärtet und werden geschmiert. Da die Innereien symmetrisch ausgeführt sind, kann man durch die Anordnung des Kegelrades auf der Heckrotorwelle (rechts oder links) die Drehrichtung des Heckrotors einstellen. Vielen Dank an den Konstrukteur des L16, der diese vielseitige Verwendung ermöglicht hat.

Im Zentralstück des Heckrotors sind die Blattlagerachsen eingesetzt und mittels Schlüsselflächen formschlüssig verschraubt. Das schwierigste Unterfangen war in die Blattlagerachsen (Edelstahl) der Heckblatthalter M2,5 Gewinde zu schneiden. Mit der genialen Schneidpaste von Herrn Würth http://www.wueko.wuerth.com/medien/prod ... /02126.pdf ging das aber relativ gut. Trotzdem habe ich Blut und Wasser geschwitzt. 2,5mm ist schon verflixt dünn. Glücklicherweise ist mir kein Gewindebohrer abgebrochen.

Gruß Dieter

[tracer]

Gibt es eigentlich schon einen Antwortthread, oder traut sich hier keiner zu schreiben?

[Helix]

Nach einigen Tagen der Fertigung und Montage sah die Mechanik dann schon eher nach dem aus, was ursprünglich auch geplant war.

Der Heckrotor war zu dem Zeitpunkt noch linksdrehend. Da das Original aber rechtsdrehend ist, musste das Heckgetriebe nochmal umgebaut werden.

Gruß Dieter

[Helix]

Gibt es eigentlich schon einen Antwortthread, oder traut sich hier keiner zu schreiben?

Hallo Tracer,

entweder ist es schon zu spät, oder es traut sich wirklich keiner.
Ich habe keinen Antwortthread vorgesehen.
Von mir aus kann gerne reingeschrieben werden.

Gruß Dieter

[tracer]

Von mir aus kann gerne reingeschrieben werden.

OK

Ich finde das klasse, und die etwas "eigene" Mechanik des Spirits scheint dafür ja echt ne gute Basis zu sein.

[Helix]

So sieht der Heckrotor inzwischen aus. Damit kommt der dem Original schon recht nahe. Der Heckrotor entwickelt aber einen brutalen Schub. Da muss man mit Gier sehr vorsichtig umgehen. Vielleicht werde ich die Rotorblätter noch etwas kleiner wählen. Aber das hängt davon ab, was letzlich an Schub durch das Seitenleitwerk des Rumpfes wieder verlorengeht.

Gruß Dieter

[EagleClaw]

Klasse Arbeit
Bin schon auf den Rumpf gespannt, wenn die Mechanik schon so hochwertig umgebaut wird.

[Fabe]

Super Bericht. Bitte weitermachen. Da bekommt man richtig Lust selbst mal wieder ein größeres Projekt zu basteln.

Die s58 ist zwar überhaupt nicht mein fall, aber ich weis durch seitwaerts wie schwer es ist da was zu bekommen. Deshalb hut ab das du das nun selbst realisierst.

[echo.zulu]

Hallo Dieter.
Die S-58 gehört seit frühen Kindertagen auch zu meinen Favoriten bei den großen Helis. Ich hatte damals ein Buch über die Seenotrettungsfliegerei gelesen, in dem auch sehr viel von der S-58 geschrieben wurde. Vor einigen Jahren durfte ich die Meravo Maschine auf der Hahnweide in Aktion bewundern. Dieser, im Vergleich mit den aktuellen Helis, riesige Heli, der zudem noch mit einem Kolbenmotor angetrieben wird, ist echt beeindruckend.

Ich habe mal eine Frage zu dem Hauptrotorkopfzentraltück. Wie genau ist die Dämpfung aufgebaut und wie hast Du die Einstellbarkeit geplant? Ich nehme an, dass in der Querbohrung ein Stift zur Arretierung der Blattlagerwelle sitzt. Rein optisch habe ich den Eindruck, dass Du ein recht großes Delta-3 in der Anlenkung hast?

Ich beglückwünsche Dich zu dem Projekt und wünsche Dir damit viel Erfolg und Freude. Danke, dass Du dieses Projekt mit uns teilst. Ich bin schon extrem gespannt auf die weiteren Folgen.

[Helix]

Klasse Arbeit
Bin schon auf den Rumpf gespannt, wenn die Mechanik schon so hochwertig umgebaut wird.

Hallo EagleClaw,
ich bin gerade dabei, die Formen fertigzustellen. Bis Sonntag sollte alles erledigt sein. Ich werde wohl heute mit den ersten Beschreibungen zu Urmodell und Rumpfbau starten.

@Egbert,
im Rotorkopf gibt es keinen Delta-3-Effekt. Ich habe darauf geachtet, dass Drehpunkt der Blattlagerachse und Anlenkkugel in einer Ebene liegen. Wie der Kopf aufgebaut ist, möchte ich derzeit noch nicht öffentlich darstellen. Das Bauprinzip gibt es m.W. so noch nicht. Vielleicht kann man daraus ja ein Gebrauchsmuster machen.

Wenn wir uns mal treffen würden, kann ich Dir den Aufbau gerne erklären.

Gruß Dieter

[EagleClaw]

Welche Maschinen haste denn zur Verfügung?

[Helix]

Welche Maschinen haste denn zur Verfügung?

Hallo EagleClaw,

eine Quantum D210x400 Vario als Drehmaschine und eine Optimum BF20 Vario als Fräse. Die Fräsmaschine habe ich mit einem digitalen Wegmesssystem nachgerüstet. Und ein Teilapparat ist natürlich auch dabei. Ansonsten ist alles "handgekurbelt". Wenn ich mal eine CNC-Maschine benötige, habe ich einen befreundeten Werkzeugbauer vor der Haustür.

Die Maschinen sehen aber selten so sauber aus. Die Fotos wurden kurz nach der Erstaufstellung gemacht.

Gruß Dieter