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#16 Re: laute geräusche bei rechtsskurven

Verfasst: 28.10.2008 16:51:44
von acanthurus
Hi..

Deine Rechnung stimmt... etwa Mach 0.32. Das reicht selbst bei extremsten Anstellwinkeln nicht für Transsonik. Als ausgeträumt der Traum vom Überschallknall ;) und das ist auch gut so, denn sonst hätten wir noch ganz andere Probleme zu meistern.

Im Normalbetrieb sollte im Wurzelbereich tatsächlich keine Ablösung vorliegen. Die Ablösung tritt beim Abfangen von innen nach aussen auf, aus ganz banalem Grund: Beim Modellheli, der ja üblicherweise keine Verwindung der Blätter hat, ist dort einfach der effektive Anstellwinkel am größten...die recht geringe Umfangsgeschwindigkeit ergibt überlagert mit der Durchströmung (von unten nach oben beim Abfangen mit viel nose-up) einfach den größten Anstellwinkel sowie die geringste induzierende (=anstellwinkelreduzierende) Wirkung des Downwash. Dazu kommt als Sekundäreffekt noch die kleinste Reynoldszahl, also schon Ablösung bereits bei kleineren Anstellwinkeln.
Das ist aber so durchaus wünschenswert, denn damit bleibt der Rotor steuerbar und kippt nicht wild ab, da ja in dem fürs Momentengleichgewicht wichtigen Aussenbereich noch "gesunde" Strömung anliegt.

Geeignete Blattspitzen-formen können die Stärke des Blattspitzenwirbels reduzieren, das stimmt - und bei den "großen" auch die HSI-Problematik verbessern (Such-Stichwort BERP-Blade).
Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein dass die GESAMTE Wirbelstärke, welche vom Blatt abschwimmt, ein DIREKTES Maß für den Auftrieb ist. Ich kann Wirbelstärke also nur entlang des Blattes umverteilen, aber nicht in ihrer Gesamtheit reduzieren.
"unsere" Rotorblätter sind aber alles andere als Leistungs- oder Lärmoptimiert. Sie sind Fertigungs- und Handling- und Autorotationsoptimiert, da wir offensichtlich (schwebe- und Cruise-)Leistung in massigem Überschuss haben. Bei weniger leistungsverwöhnten Geräten, welche auch kein 3d-Gezappel mitmachen müssen und bauartbedingt sowieso nicht autorotieren können, sieht man dann, wie ein leistungsoptimierteres Blatt aussehen würde (Koaxe, FP-helis etc.)
Wir können uns den Luxus von Rechteckblättern ohne Verwindung und mit symmetrischen Profilen leisten, aber bezahlen das mit einem etwa 15-20% schlechteren Wirkungsgrad.

gruß

andi

#17 Re: laute geräusche bei rechtsskurven

Verfasst: 28.10.2008 23:09:11
von Alex K.
Mach 0.3204, um genau zu sein :wink:

Ein paar Fragen zu Deiner Ausführung:
- Verstehe ich das richtig, dass der größte effektive Anstellwinkel auf der Innenseite des Blattes entsteht, wenn man die resultierende Anströmgeschwindigkeit während eines Downwash in Bezug auf das Rotorblatt betrachtet?
- "als Sekundäreffekt noch die kleinste Reynoldszahl, also schon Ablösung bereits bei kleineren Anstellwinkeln.": die Reynoldszahl ist doch ein Maß für den Übergang von laminarer nach turbulenter Strömung. Müsste es demnach nicht "Ablösung bereits bei kleinen Anstellwinkeln aufgrund großer Reynoldszahlen" heissen?

Das BERP-Blade ist ja ne sehr interessante Entwicklung, nur leider sieht dieses Rotorblatt sehr gewöhnungsbedürftig aus :wink:

Gruß, Alex

#18 Re: laute geräusche bei rechtsskurven

Verfasst: 29.10.2008 09:41:27
von acanthurus
Moin.

Beim Abfangen ist die Blattspitzenebene ja ziemlich nach hinten geneigt. Deshalb wird der Rotor ein stückweit von unten nach oben durchströmt (Anteil aus Vorwärtsfahrt vektoriell an der geneigten Blattspitzenebene zerlegt). D.h. unser sog. Einströmwinkel wird kurzzeitig negativ, der effektive Anstellwinkel wird GRÖSSER als der Einstellwinkel (Pitch). Die Anströmgeschwindigkeit infolge der Drehung ist innen am geringsten, weshalb bei Überlagerung von Drehgeschwindigkeit und Vertikalgeschwindigkeit dort der größte Anstellwinkel entsteht.

Die Reynoldszahl ist von der Definition her kein Maß für den Übergang von Laminar nach Turbulent, sondern ein Maß für die "Größe" einer Strömung (Tiefe Profile, Schnelle Strömung = große REynoldszahl, schmale Profile, langsame Strömung= kleine Reynoldszahl), bzw. genaugenommen für das Verhältnis von Trägheitskräften zu Reibungskräften in einer Strömung (große Reynoldszahl: Trägheit/Geschwindigkeit/Druckfeld dominiert, kleine Reynoldszahl: Zähigkeit/Viskosität/Reibung dominiert)
Die Grundregel lautet "je größer RE desto mehr Turbulenz". Turbulente Profilströmungen sind aber, stark vereinfacht, stabiler am Anliegen und lösen später (d.h. bei höheren Anstellwinkeln) ab als laminare Strömungen. Das ist nur ne seeeeehr grobe Vereinfachung, reicht aber hier zur qualitativen Erklärung aus.
Beim Rotorblattsegment ist die Reynoldszahl innen kleiner (gleiche Profiltiefe wie aussen, aber geringere Anströmgeschwindigkeit)

gruß

andi

#19 Re: laute geräusche bei rechtsskurven

Verfasst: 29.10.2008 11:47:48
von Alex K.
Hi andi,

ich denke ich hab's verstanden. Damit ich mich besser ausdrücken kann, hab ich mal ein Bildchen gemalt und es mal an einem Beispiel durchgerechnet:

Annahmen: Drehzahl = 3000 1/min, Sinkgeschwindigkeit (v_s) = 3 m/s

Betrachtete Radien:
Position 1 (innen): 50mm
Position 2 (außen): 350mm

Das ergibt eine Anströmgeschwindigkeit des Blattes von vorne (v_a):
Position 1: 15,7m/s
Position 2: 109,96 m/s
Hier sieht man schon wie unterschiedlich die Anströmgeschwindigkeiten sind, aber relativ zur Sinkgeschwindigkeit trotzdem noch recht groß.

Daraus ergibt sich für den Winkel alfa bei der angenommenen Sinkgeschwindigkeit:
Position 1: 10.8°
Position 2: 1.6°

Berücksichtigt man nun, dass v_a proportional der Rotordrehzal ist, wird der Winkel alfa der resultierenden bei kleiner werdenden Drehzahlen größer. Ebenso wird der Winkel größer, wenn sich die Sinkgeschwindigkeit erhöht, so erhält man z.B. einen Winkel alfa von 21° bei einer Drehzahl von 2500 1/min und einer Sinkgeschwindigkeit von 5 m/s.

Für die Ablösung sollte nun gelten, je größer der Winkel alfa, desto wahrscheinlicher eine Ablösung bzw. wenn man es mit einem Flächenflugzeug vergleicht, einen Strömungsabriss, der dann schlussendlich dieses Geräusch erzeugt.

Oder?

Gruß, Alex

#20 Re: laute geräusche bei rechtsskurven

Verfasst: 29.10.2008 12:29:08
von acanthurus
Im Prinzip ja. Was jetzt noch dazukäme wäre die Induktionswirkung der Blätter, d.h. die Überlagerung des Downwash. Dieser REDUZIERT den effektiven Anstellwinkel, allerdings in einem stark orts- und situationsabhängigen Maß, welches man nicht mal so eben per Handrechnung herausfinden kann.
Inwieweit die Ablöserei nun zum Lärm beiträgt ist schwer einzuschätzen. Das MEISTE dürfte aber wirklich BVI sein... man stelle sich vor, 2 Blätter fetzen 50x pro Sekunde durch mehrere, stark rotierende Wirbelzöpfe... wenn das mal keine Druckschwankungen gibt.